swie hat geschrieben:
Nicht nur Merkel hat eine Kehrtwende vollzogen, auch in der deutschen Bevölkerung sind das Vertrauen und die Zustimmung in die Atomenergie stark gesunken - verständlicherweise! Der Vorfall von Fukushima führte zu einer regelrechten Stimmenexplosion bei den Grünen, da konnte Merkel nicht mehr an der Atomenergie festhalten. Man kann ihr jetzt vorwerfen nicht weitsichtig genug gehandelt zu haben, aber dann hat der Großteil der deutschen Bevölkerung dies zuvor ebensowenig getan. So viel zur Meinungsänderung der Kanzlerin.
Ich bin mir nicht ganz sicher was du mit der 50-50-Gewinnchance meinst, und "alles auf rot" zu setzen. Aber die Unsicherheit in der Stromversorgung findet ihren Ursprung im Widerstand der Bürger gegen die erneuerbaren Energien. Niemand mag die Atomkraftwerke, aber gegen alle erneuerbaren Energien wird ebenso vorgegangen: Niemand will das Windräder die Landschaft verschandeln, unliebsame Schatten werfen und den lieben langen Tag vor sich her summen. Die Stromtrassen von den Windkraftanlagen an der Ostsee in den Süden der Republik, also nach Bayern und Baden-Württemberg, wo der Strom dringend gebraucht wird, können nicht gebaut werden weil es an allen Ecken und Enden Bürgerbewegungen gegen die Überlandleitungen gibt. Und die Proteste müssen überall abgehandelt werden, was Zeit kostet. Würde man die Überlandleitungen konsequent übers Land ziehen, Bürgerproteste hin oder her, würden wir nicht in dieser heiklen Situation stecken.
Ich stimme dir hier in vielen Bereichen zu.
Ob das Vertrauen der Bevölkerung in Kernkraft jetzt sinkt oder nicht ist zunächst mal völlig schnuppe - wenn wir unsere AKWs abschalten und stattdessen Strom aus AKWs in Frankreich, Österreich oder Tschechien kaufen ist nämlich egal.
Es obliegt der Politik dem Volk nicht nach dem Mund zu reden, sondern - wenn notwendig - auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und diese dann zu begründen.
Was ich mit dem Casinovergleich meine: Die Energiewende in Deutschland ist ein reines Glücksspiel. Es kann theoretisch funktionieren.
Es kann aber auch genausogut nicht funktionieren: Mit vermehrt Stromausfällen, mit explodierenden Preisen, mit abwandernder Industrie.
Schlussendlich wird das ganze Land in diesem Glücksspiel gesetzt nach dem Motto: Wird schon irgendwie gutgehen (und wenn nicht bin ich eh nicht mehr an der Macht)
Die Perversität des Volkes hast du schon wunderbar beschrieben, aber das ist im Endeffekt nur der Beweis dafür, dass man hier dem Volk schlicht nicht zuhören darf.
Für die meisten kommt Strom halt aus der Steckdose, wozu also Kraftwerke.
Nur: Das war schon vorher klar, das hätte vorher offen diskutiert werden müssen. Entweder werden die Trassen dann einfach gebaut, oder man verschiebt die Energiewende halt um 10 Jahre nach hinten.
Ein großer Fehler ist auch die irre Subventionierung der mit weitem Abstand schlechtesten, teuersten und ineffizientesten Form der regenerativen Energien überhaupt: Photovoltaik.
Alles dank einer Gruppe, die (mindestens) auf einer Stufe mit der Pharmalobby und der damaligen der Atomindustrie steht.
Photovoltaik kostet das zigfache wie Wasserkraft, Windkraft, Bioenergie oder sonst was.
Und wird mit einem Betrag gefördert, der inzwischen zwischen 100 Milliarden und 200 Milliarden Euro liegt.
Dafür fehlt dann das Geld um Trassen auszubauen, um die Windkraftanlagen vor der Küste von Deutschland, Frankreich und so weiter zu verbinden (ja ich weiß, der Aufbau der Offshore Anlagen geht langsamer voran als gedacht, da es technische Probleme gibt, ist nicht nur eine Frage des Geldes).
Zitat:
Durchaus, es ist möglich dass Griechenlands Wirtschaft nun vollends kaputt gespart wurde. Aber was über Jahrzehnte versäumt wurde kann nicht in wenigen Jahren aufgearbeitet werden. "100 Jahre Rückstand in 5 Jahren aufholen!" war das ehrgeizige Ziel der sowjetischen Fünfjahrespläne, und wer heute von Griechenland oder irgendeinem anderen Land der Erde das gleiche erwartet verkennt die Lage.
Ganz winzige Korrektur: "Nun vollends" stimmt nicht, die Wirtschaft war schon davor völlig kaputt, aber dazu gleich noch ein Satz.
Ansonsten: Full Ack, das hast du perfekt zusammengefasst.
Nur: Genau das haben uns unsere Politiker vorgehalten: Griechenland braucht nur einmal 15 Milliarden dann kommt alles in Ordnung.
Griechenland braucht nur 25 Milliarden, dann ist alles ok.
Griechenland braucht nur das erste Hilfspaket, das kommende Wirtschaftswachstum wird es richten.
Wie du sagst, wie soll eine Wirtschaft wachsen, wenn stark gespart werden muss?
Natürlich geht das nicht.
Das ist völlig unmöglich.
Ich greife vorweg, aber um auf den letzten Absatz von mir zu kommen: Glaubst du wirklich, dass die Politiker das nicht selber wussten? Glaubst du die sind so bescheuert, dass sie tatsächlcih erwartet haben die griechischen Probleme würden sich in 2,3 Jahren in Luft auflösen?
Ich nicht, deswegen bin ich zu 100% davon überzeugt, dass wir von vorn bis hinten belogen worden sind.
Zitat:
Auch ich habe keinen Masterplan in der Tasche, und ich weiß ehrlich gesagt auch nicht was ratsamer ist: Griechenland im Euro zu belassen oder es zur Drachme zurückkehren zu lassen. Niemand kann die Reaktion der derzeit hoch sensiblen Märkte voraussehen, es wäre reines Glücksspiel und nicht vorhersehbar wie die europäische Wirtschaft unter einem Griechenland-Ausschluss leiden würde.
Je länger Griechenland im Euro bleibt desto teurer wird es.
Die Märkte rechnen übrigens seit weit über einem Jahr damit, dass Griechenland weder auf Dauer im Euro bleiben wird noch dass es seine Schulden jemald zurückzahlen wird.
Das ist der Grund, warum die Märkte die griechischen Staatsanleiehen so niedrig bewerten (wenn die glauben würden, dass Griechenland alles zurückzahlt ständen die dreimal so hoch)
Auch weiß der Markt, dass Franreich kein Top-Land mehr ist, deswegen hat die Ratingsenkung die Märkte nicht im geringsten interessiert.
Kurz gesagt: Das alles ist eingepreist.
Richtig ist, dass man nie zu 100% sicher sagen kann was passiert.
Aber die Konsequenzen - auch für die Märkte - der Alternative sind viel schlimmer.
Vor ein paar Monaten habe ich ein Interview mit einem der größten Fondmanager in den USA gelesen. Der meinte Eurobonds oder ein verbleiben der Griechen in der Eurozone würden die Märkte auf etwas längere Sicht (nicht ein paar Monate) als ziemliche Katastrophe ansehen.
Warum? Weil die Märkte nicht glauben, dass Deutschland auf Dauer bereit sein wird 20-100 Milliarden jährlich in die südeuropäischen Länder zu transferieren. Und dass dann die Angst besteht, dass Europa wirklich zusammenbricht.
Und genauso sieht es auch, auf Dauer wird das das deutsche Volk nicht mitmachen.
Wir retten Europa nicht mit dem was gerade getan wird, wir sind auf dem besten Weg es zu zerstören.
Eine Rückkehr zur Drachme ist für Griechenland kein Allheilmittel.
Überhaupt nicht.
Aber es gibt Europa die Möglichkeit zu gesunden und es gibt Griechenland zumindest eine Chance (der Tourismus z.B. würde sofort steil nach oben gehen, da es für europas Bürger sehr viel billiger würde in Griechenland Urlaub zu machen.)
Wenn alles komplett vermurkst wurde gibt es nur eine Möglichkeit: Neues Spiel, neues Glück.
Nur diesmal sauber und mit weniger Korruption/Pusch.
Zitat:
Ich weiß aber, dass Griechenlands Rettung stark durch den korrupten Beamtenapparat gebremst und eingeschränkt wird. Dort müsste aufgeräumt werden, und danach in der Regierung. Mitglieder der Regierungsparteien die schwachsinnige Hitler-Vergleiche zu Merkel ziehen gehören von ihrer Partei aus allen wichtigen Ämtern entfernt und notfalls aus der Partei ausgeschlossen. Denn sie sind es die den Rettungsprozess Griechenlands maßgeblich bremsen, und die Verzweiflung in der Bevölkerung auf hinterhältige Weise für ihren eigenen Aufstieg missbrauchen. Du sprachst ja bereits den "Griechischen Wohlstandsstaat" an, mir missfällt dieser ebenfalls. Aber wie gesagt, was sich über Jahrzehnte angesammelt hat lässt sich nicht so schnell ausmerzen.
Richtig.
Nur: Was tun wenn ein großer Teil der Bevölkerung genau diesen Leuten zujubelt?
Der linke Block in Griechenland ist (von den Parteien her) ziemlich zerstritten: Die eine Partei (sorry, konnte mir den Namen nicht merken) will aus dem Euro raus, weil sie so ne Chance sehen.
Der andere Block will drin bleiben denn, ich zitiere sinngemäß (nicht wortwörtlich): "nur so garantieren wir, dass uns Europa weiter jedes Jahr zig Milliarden schenkt und wir nicht wirklich was ändern müssen"
Nein, siehe oben, die Lage ist zu kaputt um sie noch mit irgendwelchen Hilfsmitteln zu verbessern.
Zitat:
Deine vorherige Argumentation war sachlich, schade dass nun so eine Äußerung kommt.

Ich empfinde sie als Bauernfängerei wie die Linken sie betreiben. Woher nimmst du diese "Information"? Glaubst du im Ernst Merkel, Schäuble, Sarkozy und Co. wissen genau dass Griechenland nicht zu retten ist, und versuchen nur die Krise hinauszuzögern bis sie selbst nicht mehr an der Regierung beteiligt sind? Ich vermute eher sie fürchten eine Eskalation an den Märkten könnte die EU-Einzahlerstaaten später deutlich teurer zu stehen zu kommen.
Da habe ich oben schon was dazu geschrieben, ja, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Politik nicht so dumm war das zu glauben.
Ich halte Schäuble für keinen Idioten.
Wenn nach jeder Zahlung kurz darauf rauskommt: "Upps, wir müssen das doppelte zahlen wie eigentlich gedacht" und gleichzeitig kein einziges Versprechen eingehalten wurde, keine einzige Zahl erreicht wurde gibt es nur zwei Möglichkeiten:
Die Verantwortlichen wussten, dass die Zahlen nie stimmten.
Oder die Verantwortlichen sind so was von inkompetent, dass man es gar nicht beschreiben kann.
Du sagst es selbst, wie soll die griechische Wirtschaft bei den Sparbemühungen wachsen? Und doch wurde ein Wirtschaftswachstum fest in jedem Plan eingerechnet.
Zitat:
Wie ich schon sagte, verglichen mit den anderen großen Volkswirtschaften im Euroraum geht es Deutschland sehr wohl sehr gut. Das beweisen allein schon die sinkenden Stimmwerte für Bauernfängerparteien wie Die Linke oder die NPD.
Richtig. Nur: Das ist kein Grund, die gute Situation die wir aktuell haben mutwillig wieder zu verspielen und zu zerstören.
Es ist noch nicht so lange her, dass wir der kranke Mann Europas waren.
Gerade jetzt, wo wir Steuereinnahmen wie noch nie haben, wo wir Arbeitslosigkeit auf einem niedrigen Niveau wie lange nicht haben, wäre es der richtige Zeitpunkt unsere Probleme anzupacken.
Nur werden diese Probleme wieder in die Zukunft verschoben und teilweise sogar noch verschärft.
Wann sollen sie gelöst werden wenn nicht jetzt?
Zitat:
Ich hoffe du verstehst was ich damit sagen will?

Dass man nämlich, wenn man nicht die normalen Voraussetzungen hat sondern eben sehr schlechte, nur sehr schwer etwas verbessern kann. Nach der Krise, wenn sie überwunden ist, dann sollte man den Politikern ganz genau auf die Finger schauen, dann kann man auf sie zeigen und sie kritisieren dafür, dass z.B. die Schulden nicht abgebaut werden.
Nach vielen gesichtspunkten: STeueraufkommen, BIP, Arbeitlosigkeit - haben wir aktuell paradiesische Verhältnisse.
Wenn die Politik Griechenland weiter verschleppt werden wir die Krise nie los, dann haben wir die in 10 Jahren noch. Nur sind wir dann nicth mehr mit 100 Milliarden investiert sondern mit 300 Milliarden.
Und wenn man in der Politik auf eins vertrauen kann, dann darauf: Der aktuell regierende findet IMMER einen guten Grund, warum man gerade jetzt nicht wirklich sparen kann, warum gerade jetzt nicht die Probleme der Zukunft angegangen werden können, warum gerade jetzt wieder eine ganz wichtige Krise / Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt.
In den letzten 30 Jahren gab es genau eine Ausnahme, das war Schröders Agenda 2010.
So wenig ich Schröder mag, das muss man ihm hoch anrechnen.
Aber wohin es geführt hat, ist bekannt, auch dass die SPD inzwischen alles tut um schnellstmöglich da wieder wegzukommen.
Ich habe bemerkt, viele Länder haben falsche Politik in Richtung Solarenergie in der letzten Zeit gemacht .. Es war der Hauptgrund für den Rückgang der Solarindustrie.